Ein neues Staatsorgan als moralische Kontrollinstanz
Die Geschichte der Menschheit zeigt, dass der Mensch nicht friedvoll, genügsam und respektvoll ist. Es ist erschreckend, wie viel Krieg und Ausbeutung in den letzten 2000 Jahren allein ein Europa stattgefunden hat. Der Mensch muss sich daher selbst kontrollieren. Dazu soll unsere Verfassung zusammen mit dem etablierten Rechtssystem dienen. Wenn Konzerne und Unternehmer ihr unmoralisches und unstatthaftes Handeln vermehrt mit Lücken in der Gesetzgebung rechtfertigen und legitimieren, ist die gesetzgebende Kontrollinstanz gescheitert. Wir müssen daher eine universellere zusätzliche Kontrollinstanz finden und etablieren, die das Handeln Aller wertebasiert und moralisch beurteilt. Ohne ein moralisches Fundament, wird ein gutes Leben für Alle nicht erzielbar sein, wir werden so weiter in die Abhängigkeit kapitalistischer Eliten rutschen.
Unser aktuelles Staatsmodell basiert auf den staatlichen Säulen Gesetzgebung (Legislative), Rechtsprechung (Judikative) und Verwaltung (Exekutive). Wir sprechen von der Gewaltenteilung, die zur Machtbegrenzung und zur Sicherung von Freiheit und Gleichheit dient. Dieses Modell basiert auf den Gedanken von Aufklärern, wie John Locke und Montesquieu, die sich im Absolutismus gegen eine Machtkonzentration aussprachen. Das Modell ist demnach knapp 300 Jahre alt.
Leider gibt es einige Beispiele in all diesen Gewalten, wo sie versagt haben – vielleicht nicht nach dem Gesetz versagt, aber aus Sicht der universellen Werte auf moralischer Basis versagt. Weiterhin werden mit zunehmenden Kapitalismus mehr und mehr unsere moralischen Ansprüche und Ansichten korrumpiert und ausgehöhlt. Man erkennt gar nicht mehr wo derzeit unsere Werte genau liegen. Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit? Darüber lässt sich diskutieren, wenn es um ein gutes und glückliches Leben in Deutschland gehen soll.
Um ein gutes Leben in Deutschland zu gewährleisten ist es unabdingbar, dass sämtliche Entscheidungen der Gesetzgebung, der Verwaltung und der Politik auch auf moralischer Basis Bestand haben. Gibt es Gesetze, die moralisch fragwürdig erscheinen, müssen Sie überdacht werden. Gibt es politische Entscheidungen, die nicht unseren Werten entsprechen, müssen sie gekippt werden können.
Eine vierte Säule, die der moralischen Kontrollinstanz neben den drei bewährten staatstragenden Säulen, könnte ein neues Regulativ werden. Diese neue Gewalt urteilt über Dinge rein nach den Grundsätzen der universellen Werte, die vom Volk festgelegt wurden und erhält die Macht dort einzugreifen, wo diese Werte missachtet werden. Wenn wir z.B. als universellen Wert die Natur akzeptieren, würde man durch ein Gesetz, welches Fracking erlaubt, den Wert Natur missachten und die Kontrollinstanz könnte das Gesetz kippen, welches Fracking erlaubt. Das Verfassungsgericht hätte hier keine Handhabung, da der Wert Natur im Grundgesetz nicht genügend gewichtet ist. Es ist auch vermessen zu glauben, man könne alle Gesetze so formulieren, dass keine Schlupflöcher zu finden sind. Es wird immer Fehler im Gesetz und unberücksichtigte Hintertüren geben, das ist menschlich. Daher ist es sinnvoll Entscheidungen aller Instanzen noch einmal wertebasiert zu beurteilen.
Zeitgleich würde durch eine solche Kontrollinstanz ein moralisches Denken wieder in die Bevölkerung transportiert und ließe die berechtigte Hoffnung auf mehr Menschlichkeit, Respekt, Hilfsbereitschaft, etc. zu. Der Rahmen für ein gutes Leben in Deutschland wäre ein Stück weiter ausgebaut.
Das derzeitige Verfassungsgericht genügt dem Anspruch der 4. Säule leider nicht, da es Teil einer bestehenden staatlichen Säule ist und sich deshalb in Abhängigkeiten befindet. Das Verfassungsgericht urteilt auch nicht primär wertebasiert nach moralischen Maßstäben, sondern nüchtern nach Gesetzeslage unserer Verfassung, des Grundgesetzes, welches das Miteinander in unserer Gesellschaft regelt. Das Grundgesetz, zeigt sich zudem, ist für den Werteerhalt nicht genügend, da es zur Abschaffung der Ungerechtigkeiten unserer Zeit keine Handhabe bietet. Die Paragraphen des Grundgesetzes wurden gehäuft durch 2/3 Mehrheit von einer anderen Säule unseres Staates neu definiert oder verändert, weshalb das Verfassungsgericht nach den Maßstäben einer anderen Staatsgewalt (Legislative) urteilt und folglich als Gewalt nicht unabhängig agieren kann. So warf selbst der Bundesverfassungsrichter a.D. Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Grimm, LL.M. 2007 in seinem Abschiedsvortrag die Frage auf „Ist das Verfahren der Verfassungsänderung selbst änderungsbedürftig?“, da die Ebenendifferenzierung zwischen Verfassungsgericht und Gesetzgebung aufgehoben sei. In der Bundesrepublik erfolgen Verfassungsänderungen mit denselben Akteuren und in denselben Verfahren in denen normale politische Entscheidungen getroffen werden. [ref]http://www.humboldt-forum-recht.de/deutsch/20-2007/index.html[/ref]