Glück und Wohl des Volkes

Der Mensch, als Teil der Natur, kann nur in einem funktionierendem Ökosystem leben. Wir sollten mittlerweile gelernt haben, wir können uns nicht die Erde untertan machen, wie es im alten Testament heißt, ohne sie gleichzeitig zu zerstören. Um ein gutes und glückliches Leben im respektvollen Umgang mit der Natur zu gewährleisten, muss der Mensch sich der Erde untertan machen. Erst wenn wir dies einsehen, können wir anfangen darüber nachzudenken, wie man für das Wohl eines ganzen Volkes sorgen möchte. 

Seit Menschengedenken ist die Suche nach Glück, nach einem unbeschwerten Leben in Zufriedenheit und ohne Angst, Kummer und Sorge das grundsätzliche Streben des Menschen. Da in einer Gesellschaft das Glück eines Einzelnen aber nicht gleichbedeutend mit dem Glück eines Jeden ist, sprechen wir gesellschaftspolitisch besser von einem „Guten Leben“ oder gemäß unserer Verfassung, dem Grundgesetz, dem „Wohl des Volkes“.

Dieses grundsätzliche Streben der Menschheit treffen wir auf der ganzen Welt an und ist Ziel vieler Staaten – auch des unserem. Unsere Politiker werden bei Amtsantritt auf das „Wohl des Volkes“ vereidigt. Das Handeln unserer Politiker dient allein dem Wohl der Menschen und hat einzig das „Gute Leben“ eines jeden Bürgers zum Ziel. Thomas Jefferson formulierte in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung das Streben nach Glück als unveräußerliches Recht eines Jeden. Es gibt Staaten wie Butan, die kein Bruttoinlandsprodukt kennen, sondern stattdessen das „Bruttosozialglück“ ausweisen, welches anzeigt, ob eine Regierung erfolgreich gearbeitet hat. Eigentlich doch ein viel angemesseneres und weiseres Qualitätsbarometer der Regierungsarbeit als ein Bruttoinlandsprodukt. Auch Ecuador und Bolivien gehen mit der Verankerung des guten Lebens „Buen Vivir“ im Staat einen ähnlichen Weg, was dort mittlerweile als Gewinn für Mensch und Natur anerkannt wird.

In der Vergangenheit gab es öfter Umfragen danach, wo die Menschen sich am glücklichsten fühlen. Es sind offensichtlich nicht unbedingt die reichen Industriestaaten, die auf der ganzen Welt für gemeinsame Werte und Gerechtigkeit eintreten, die eine glückliche Bevölkerung beheimaten, sondern eher die Länder ohne Einfluss in der Welt und mit geringen Wirtschaftsmitteln. Andere Umfragen bestätigen, dass die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit zunehmendem Marktliberalismus bzw. Kapitalismus steigt.

Der Mensch hat das Ziel glücklich zu sein. Der Staat in Person der Vertreter des Volkes hat das Ziel dem Wohl des Volkes zu dienen, sein Volk also glücklich zu machen. Warum wird demnach in der Politik nicht über Glück gesprochen? Warum interessiert es die Politiker nicht, was die Bevölkerung glücklich machen würde?  Warum sind Fortbildungen in Sachen Glück für Politiker nicht angedacht? Warum misst sich der Staat nicht am Wohl des Volkes, wenn dies die Prämisse sein soll? Warum halten die etablierten Parteien weiterhin an ewigem Wirtschaftswachstum fest, bzw. ausuferndem Kapitalismus? Weil das Mantra lautet, nur durch Wachstum könne man das Volk mit den nötigen Mitteln für ein gutes Leben versorgen. Es scheint, dass sich die politischen Mechanismen verselbständigt haben und nur noch Geld als Entscheidungsgrundlage maßgeblich ist. Nun, seit Jahrzehnten haben wir stetiges Wirtschaftswachstum, aber gerade in den letzten 10-20 Jahren bestätigt sich immer wieder der Eindruck, das von dem Wachstum nichts am unteren Ende der Bevölkerung ankommt. Die Mittelschicht bröselt vor sich hin, wie Statistiken belegen. Wohin geht also das ganze Wachstum demnach? Auch das ist belegt. Die Schere geht weiter auseinander. Die Reichsten 10% unserer Gesellschaft vermehren ihr Geld nahezu exponentiell.

Wenn dem aber so ist, muss attestiert werden, dass die Volksvertreter in den letzten Jahrzehnten in erster Linie den Reichen zugearbeitet haben und es zukünftig auch weiter tun werden. Egal was für Worte sie finden, die Taten und deren Ergebnisse zeigen, unsere gewählten Vertreter arbeiten für das reichste 10% unserer Gesellschaft und damit nicht für das Wohl des Volkes. Wie könnte eine solche Entwicklung sonst zu erklären sein? Damit würden sie aber ihren Eid, dem Wohl des Volkes zu dienen, reihenweise brechen. Man möchte Ihnen zugutehalten, dass Sie in Ihrem Rahmen vielleicht wirklich ihr Möglichstes tun. Vielleicht wird es aber gerade daher Zeit den Rahmen zu ändern und darüber möchte ich schreiben.

Vieles, so wird man abwerten, liest sich vielleicht wie linkes oder grünes Gedankengut, obwohl sich viele Standpunkte anderer Parteien ebenfalls finden lassen. Wenn wir aber über das Gute Leben sprechen möchten, müssen wir dringend über Glück, Gerechtigkeit, Gewaltfreiheit, Natur und Kapitalismuskritik sprechen ohne in althergebrachten Kategorien zu denken. Denn diese Dinge sind ideologisch nicht zu vereinnahmen, da sie so grundlegend selbstverständlich für das Gute Leben eines Jeden sind. Wer also über ein gutes Leben sprechen möchte, der sollte es unabhängig von eingefahrenen Denkstrukturen tun. Das Gute Leben ist verfassungsmäßig verankert und immer schon Ziel der politischen Mitte gewesen. Daher ist dies eine Schrift der Mitte.

Die Verantwortung für ein glückliches Leben auf jeden Einzelnen zu übertragen, wie es mancher Politiker gerne tut, kommt der Privatisierung des Wohls des Volkes gleich und steht im direkten Konflikt mit dem genannten Arbeitsziel der gewählten und vereidigten Volksvertreter. Ziel des Staates und primäre Aufgabe aller Volksvertreter ist es, dem Volk ein gutes Leben zu ermöglichen und jedem einzelnen Bürger einen bestmöglichen Rahmen zum Glücklichsein zu schaffen. Dies, in dem der Staat dem Einzelnen Ängste und Sorgen abnimmt, denn diese stehen einem guten Leben im Wege. Leider macht er das Gegenteil, Ängste und Sorgen werden vermehrt indem Verantwortungen, die früher zur staatlichen Grundversorgung gehörten, an den Bürger übertragen werden (z.B. der Ruf der Politiker nach privater Altersvorsorge wegen der drohenden Altersarmut). Mehr noch wurde der staatliche Auftrag zur öffentlichen Grundversorgung durch Privatisierungen (Gesundheit, Abfallwirtschaft, Telekommunikation, Energieversorgung, etc.) kommerzialisiert und damit in beschleunigter Weise teurer für den Bürger. Der Staat entzieht sich durch Privatisierung öffentlicher Aufgaben seiner Verpflichtungen und das muss wieder rückgängig gemacht werden.

Es zeigt sich immer deutlicher, dass die gewählten Volksvertreter nicht in der Lage sind das, wofür sie angetreten sind, zu erfüllen. Dies, weil die Wirtschaft zu einflussreich geworden ist, aber auch weil grundsätzliche Werte in Vergessenheit geraten oder manipuliert bzw. korrumpiert sind. Unmoralisches Handeln ist heute wirtschaftsfähig und letztlich auch gesellschaftsfähig geworden, wenn es die Gesetze denn nur erlauben. Unternehmen schieben die Schuld für ihr unmoralisches Handeln auf Gesetzeslücken und damit auf den Gesetzgeber und natürlich nimmt sich die Gesellschaft dies zum Beispiel. Das Resultat ist eine unfreundliche, egozentrische Gesellschaft, die ein glückliches Leben für die Masse behindert. Ohne einheitliche Werte und eine moralische Diskussion mit nachhaltigen Konsequenzen kann es in dieser Gesellschaft kein besseres Leben für Alle geben. Daher muss in der Politik wieder glaubwürdig über Werte und Moral gesprochen werden. Wenn man Kinderarbeit aus moralischen Gründen ablehnt, muss man Unternehmen bestrafen, die in anderen Ländern ihre Textilien mit Hilfe von Kindern produzieren lassen.

In diesem Buch möchte ich darüber nachdenken, wie ein gutes Leben für alle ermöglicht werden könnte. Zunächst möchte ich einige grundlegende Werte definieren, die für alle schon seit jeher gelten. Anschließend werde ich Faktoren nennen, die für ein glückliches Leben Vorraussetzung sind, werde versuchen nachzuweisen, dass die derzeitige Prämisse „Wirtschaftswachstum = Wohl des Volkes“ falsch ist und werde notwendige Veränderungen innerhalb eines neuen Staats- und Steuersystems mit einigen Finanzierungsgedanken besprechen. Dieses Buch stellt eine Gedankensammlung dar und erhebt nicht den Anspruch einer umfassenden Lösung. Es soll aber ein weiterer Anstoß zum Umdenken sein und beherbergt die Vision eines besseren Lebens in unserer Gesellschaft. Einer Gesellschaft der es heute nicht grundsätzlich schlecht geht, die aber auf geradem Weg in schlechtere Verhältnisse ist. Diese Verhältnisse sollten wir verbessern, solange wir den Rahmen noch selbst bestimmen können und nicht, wenn Märkte oder Natur uns den Rahmen aufzwingen. Die derzeitige Richtung ist nicht alternativlos.

Wenn wir es mit dem Glück ernst meinen, müssen wir uns auf den Weg in ein neues demokratisches Gesellschaftssystem machen, in welchem drastische Einschnitte und neue Lebenswege gefunden werden müssen. Ein weiter wie bisher, wird kein Mehr an Gerechtigkeit, Mehr an Freiheit und Mehr Glück für Natur und Mensch bringen. Der Zug wird so, in unserem reichen Land, unaufhaltsam weiter in Richtung Kapitalismus und damit Ausbeutung von Natur und Mensch fahren.

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