Einheitliche Wertebasis

Von Herr Maier

Möchte man über Werte sprechen, muss man über die ewigen Fragen der Menschheit nachdenken. Antworten der Geschichte hierzu kamen zumeist durch große Philosophen, die bis heute bekannt sind. Leider hört heute niemand mehr auf die Philosophen unserer Zeit oder der Vergangenheit.

Wer spricht heute noch öffentlich über Philosophie? Wer diskutiert über grundlegende Wahrheiten, über Werte? Wer kontrolliert die Einhaltung und Beständigkeit universeller Werte? Genügt das Grundgesetz als Kontrollinstanz? Hört man Politiker ihre Entscheidungen auf Werte gründen oder eher auf Erwägungen wirtschaftlicher Prognosen?

Philosophisches Denken scheint unzeitgemäß und findet heute kein Gehör. Die Gesellschaft funktioniert. 1 Es ist, als wären alle philosophischen Fragen der Menschheit geklärt, eine Verbesserung nicht notwendig. Jedenfalls nicht notwendig für die führende Riege unseres Parteienspektrums, die das heutige System über die Jahrzehnte etabliert hat. Dabei ist in einem ausufernden kapitalistischen System eine Betrachtung der universellen und grundlegenden Werte unserer Gesellschaft unabdingbar. Es sind nicht viele und sie sollten leicht im Fokus der Parlamentarier bleiben können.

Denn nur die Fragen, die sich die Menschheit auf der ganzen Welt seit jeher stellen, sind von entscheidender Bedeutung, denn nur deren Beantwortung verspricht Hoffnung auf universelle Wahrheiten. Hierbei geht es z.B. um Begriffe wie Würde, Glück, Freiheit, Gerechtigkeit und Natur. Begriffe, die sinnvoller Weise von den Denkern der Nachkriegszeit in den Artikeln unseres Grundgesetzes verankert wurden – also wichtig sind. Völker rund um den Globus und zu allen Zeiten erachten diese Werte als zentrale Voraussetzung für ein gutes gesellschaftliches Leben, weshalb ich diese Werte als universell bezeichnen möchte.

Die universellen Werte sollen die Grundpfeiler und die Ideale eines Staates sein und befinden sich von daher außerhalb eines Pluralismus. D.h. Moral, Lehren, Gesetze, Ideen und Anschauungen müssen von diesen universellen Werten durchdrungen sein. 2

Es wäre anmaßend so zu tun, als hätte man das bestmögliche demokratische Sozial- oder Gesellschaftssystem gefunden oder zu sagen, es gäbe keine Alternative.

Werte bilden die Richtschnur unseres Handelns auf dem Weg in ein gutes und glückliches gesellschaftliches Leben. Normen und die „guten Sitten“, sind konkrete von den Werten abgeleitete Regeln für eine funktionierende Gesellschaft. Der Wert Freiheit findet sich z.B. in der Norm „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit“, Artikel 2 des Grundgesetzes.

Fragen nach der Religion oder der Liebe zum Beispiel bilden keinen Beitrag zu den universellen Werte und sind nur am Rande von Belang. Über den Globus verteilt gibt es hierzu die unterschiedlichsten Einstellungen, weshalb sie uns bei der gesellschaftspolitischen Betrachtung nicht dazu dienen, ein Handeln für die Politik unserer Zeit daran abzuleiten. Wir begegnen diesen Werten aber mit Respekt und Toleranz.

Werte pflegen sich nicht von alleine. Sie ändern sich über die Generationen, werden vom Markt verändert und geraten auch in Vergessenheit. Es kommt zu einem Wertewandel, über den glücklicherweise in neuester Zeit mehr und mehr gesprochen wird. Ein Beispiel: Als der Mensch in der Geschichte wenig hatte, war Bescheidenheit ein hoher Wert, der Respekt und Ansehen einbrachte. Wer heute wenig hat, denkt selten an Bescheidenheit, weil Respekt und Ansehen heute dem gilt, der viel hat. Bescheidenheit widerspricht sich mit dem von der Elite vorgelebten Ideal des unbeschränkten Wachstums durch Konsum. Werte werden manipuliert. Wer konsumiert aber, wenn alle genügsam und bescheiden leben würden? Ein respektvoller Umgang mit Mensch und Natur bedingt Demut und Bescheidenheit.

Wirtschaftswachstum ist ein künstlicher Wert des Kapitalismus. Für die Politik und vordergründig zum Wohl des Volkes, da das Heil in einer Utopie der Vollbeschäftigung gesucht wird. Über Wirtschaftswachstum spricht man vermehrt erst seit ca. 250 Jahren.  Seit der ersten industriellen Revolution. Menschen können auch ohne Wirtschaftswachstum ein gutes Leben führen. Dem Glück der Einzelnen, dem Wohl des Volkes dient Wirtschaftswachstum in zunehmendem Maße jedoch nicht mehr. Er scheint dem Ziel eher entgegen zu stehen, denn trotz permanenten Wirtschaftswachstums gibt es sehr viele Arbeitslose und die, die Arbeit haben sind mehr und mehr unglücklich.

Das Wohl des Volkes bedingt im Mindesten die Achtung aller universellen Werte. Ohne diese Prämisse ist kein gutes Leben möglich. Für die Einhaltung und Durchsetzung dieser Prämisse ist der Staat verantwortlich. Die etablierten Parteien unserer Zeit repräsentieren jedoch eine Politik, die für Wachstum und freie Märkte und damit für Privatisierung, ausufernde Märkte und herbe soziale Einschnitte steht. Der Staat, unsere drei Gewalten Legislative, Judikative und Exekutive sind dem System Kapitalismus auf Kosten der Menschen erlegen. Moralische Werte geraten zu Gunsten von marktbasierter Werte in Vergessenheit, weshalb eine wertebasierte Kontrollinstanz über der Gewaltenteilung notwendig wird, die Handlungen auf Grund unserer Werte und der guten Sitten beurteilt.

Heute wird alles, was legal ist, auch getan. Deswegen benötigen wir eine zusätzliche Kontrollinstanz, denn nicht alles, was man tut, ist anständig und moralisch zu rechtfertigen.

Unser Staat kennt nachfolgende Werte schon – es sind gerade die Werte, auf die die „zivilisierte“ Welt so stolz ist und sie gleichsam scheinheilig und totalitär ausnutzt. So zieht er aus den Werten vordergründig Rechtfertigungen für die Missachtung von Würde, Menschenrechten und Kriegen. Guantánamo, ohne Verfahren werden dort Menschen seit nun bald zwei Jahrzehnten festgehalten und zwangsernährt, falls sie in den Hungerstreik treten. Unsere Bürger und Politiker werden von Geheimdiensten überwacht. Drohnen morden ohne Verhandlung. Dies ist nichts worauf man stolz sein könnte und doch tolerieren und verantworten es genau die Staaten, die ihren Stolz auf die freiheitlichen Werte begründen.